Oder: Warum halten Kanzleien ihre Beratungs-Preise noch immer geheim?
Seit 2006 gelten die gesetzlichen Gebühren für Anwaltsberatung nicht mehr und der Anwalt soll einen individuellen Preis – Zeittarif oder Pauschalpreis – vereinbaren.
Tut er das nicht, ist nicht mehr ersatzweise die gesetzliche Gebühr, sondern eine „übliche Vergütung“ zu zahlen (§ 34 Rechtsanwalts-Vergütung-Gesetz).
Wie eine "übliche Vergütung" allerdings zu bemessen ist, wissen peinlicherweise noch nicht einmal Rechts-Experten.
,Kilian schreibt in der Monatszeitschrift des Rechts (2008, S. 780) von „starker Verunsicherung“ bei Gerichten und Anwaltskammern.
Die Gefahr für Rechtssuchende, sich mangels individueller Preis-Angebote mit einer unbestimmbaren "übliche Vergütung" herumschlagen zu müssen, läßt es umso "unfairer" erscheinen, daß die Anwaltschaft ihre individuellen Preise weiter beharrlich verschweigt.
Bei unserer monatelangen Preisrecherche haben wir auf fast keiner Kanzlei-Website eine Preisliste gefunden.
Es macht den Eindruck, Anwälte scheuten die offene, klare und übersichtliche Bekanntgabe Ihrer individuellen Preise wie „Motten das Licht“.
Warum gibt es – was für Bank-, Versicherungs- und andere Dienstleistungen schon lange üblich ist - keine „Preissuchmaschinen“ oder „Preisvergleichs-Portale“ für Anwaltsleistungen?
Und was ist das Motiv für die „Mauer des Schweigens?“
Eine Antwort gibt Harvard-Professorin Youngme Moon in ihrem Artikel „Wenn Kunden Unternehmen hassen“ (Harvard Business Manager Juli 2007, S. 58):
„Der Grund für solche Geschäftspraktiken ist allerdings schnell gefunden. DieUnternehmen handeln so, weil es sich lohnt. Manager haben herausgefunden, dass ausgerechnet überforderte und schlecht informierte Kunden, also diejenigen, die letztlich eine für sich unvorteilhafte Kaufentscheidung treffen, sehr gewinnbingend sein können.
Nun gibt es Firmen, die ihre Kunden mit diesen Methoden ganz bewußt und auf eine zynische Art und Weise ausbeuten. Doch in unseren Gesprächen mit Dutzenden von Führungskräften aus einer Vielzahl von Brnchen haben wir herausgefunden, dass die Mehrzahl der Firmen, die von der Orientierungslosigkeit ihrer Kunden profitieren, in eine Falle getappt ist. Ohne jemals eine Entscheidung für ein derartiges Vorgehen getroffen zu haben, nutzen sie die Schwächen ihrer Kunden über die Jahre immer umfassender zu ihrem Vorteil aus.“